Passform und Änderungen, Teil 1


Aus der Serie: Passform und Änderungen

Passt ganz gut oder passt perfekt – darüber entscheiden beim Anzug oft nur Millimeter. Wer sein Aussehen nicht dem Zufall überlassen will, nimmt diese Millimeter ernst. Zu weit, zu eng, zu lang oder zu kurz, das ist aber nicht nur eine Frage der Optik, exakter Sitz hat auch viel mit Tragegefühl zu tun. Fünf Millimeter zu viel Weite am Hosenbund und die Hose beginnt schon leicht zu rutschen, wenn wir nur das Schlüsselbund in die Tasche stecken. Fünf Millimeter zu wenig und der Bund macht sich unangenehm bemerkbar, vor allem nach dem Essen. So was wird manchmal gar nicht bewusst wahrgenommen, führt aber dazu, dass ein Anzug öfter als die anderen im Schrank bleibt. Das ist schade, denn mit ein paar Änderungen könnte es zu Ihren absoluten Favoriten gehören.

Ob und welche Änderungen nötig sind, müssen Sie selbst entscheiden. Verkäufer sind selten objektive Berater, sie wollen vor allem verkaufen. Stellen Sie zuerst sicher, dass Sie von der richtigen Größe ausgehen. Die weiß man oder lässt sie messen (Brustumfang geteilt durch zwei gleich Konfektionsgröße, z. B. 108 : 2 = Größe 54). Als erstes wird die Hose probiert. Am Bund sollte sie so sitzen, dass sie ohne Gürtel nicht rutscht aber nicht so stramm, dass sie einengt (also nicht mit vollem Magen einkaufen gehen). Um mehr als eine Größe sollten Hosen nicht geändert werden müssen, sonst stimmt die Position der Taschen nicht mehr.

Ganz wichtig für den Gesamteindruck des Anzugs ist die Weite des Hosenbeins, doch nur die wenigsten wissen, dass sie ohne Probleme korrigiert werden kann. Änderungen werden unten am Saum abgemessen, deshalb ist bei Arbeiten an der Beinweite oft von der so Fußweite die Rede. Bei einer schmalen Röhrenhose ohne Bundfalten (Größe 50) beträgt die Fußweite etwa 20 cm, bei einer Hose mit Bundfalten etwa 22-25 cm. Änderungsschneider legen das Maßband komplett um das Hosenbein, deshalb geben sie die Fußweite mit dem doppelten Wert an. Kleine und stämmige Männer meiden allzu weite Hosen besser, sie stauchen die Figur.

Die Fußweite sollte am besten zusammen mit der Gesamtlänge geändert werden. Hochwertige Hosen sind unten noch nicht umsäumt, wenn sie in den Verkauf kommen, damit die Länge exakt auf den Kunden abgestimmt werden kann. Wer nicht sicher ist, ob der Anzug mit oder ohne Umschlägen besser aussieht sollte ihn erst mit Umschlag ordern. Entfernen kann man die später immer noch. Wenn dagegen die Entscheidung für den glatten Hosenabschluss gefallen ist, reicht der “Einschlag” (also die nach innen geklappte Stoffmenge) oft nicht aus, um daraus Umschläge zu zaubern. Das Stoßband an der Innenseite des Saums ist verzichtbar. Exemplare aus Kunststoffgewebe können sogar den Schuh zerkratzen.

Die Hosenlänge hängt vom Hosenschnitt ab. Weitere Modelle werden länger getragen, Röhren dagegen kürzer. Weitere Hosen sollten auf dem Spann einmal leicht einknicken. Der Saum endet an der Rückseite irgendwo zwischen der Mitte der Fersenkappe und dem Ansatz des Absatzes. Viele Verkäufer behaupten, dass die Hosen bis zur Mitte des Absatzes gehen sollen, das ist aber zu lang. Schmal geschnittene Hosen werden kürzer getragen. Sie setzen vorn ein kleines bisschen auf und reichen hinten über den Rand des Schuhs hinaus oder erreichen die Mitte der Fernenkappe. Oft hilft es, den Hosensaum anschrägen zulassen, das Hosenbein vorne also kürzer als hinten zu machen.

Kategorie: Magazin

Bernhard Roetzel

Bernhard Roetzel schreibt über Herrenmode und verschiedene Stilfragen. Der Bildband "Der Gentleman. Handbuch der klassischen Herrenmode" ist seine bekannteste Publikation, sie liegt in fast 20 Übersetzungen vor.

Kommentar schreiben