bluesman528
Ruhrpotthanseat
Du verstehst mich schon ganz richtig. Es ist ein typisches Beispiel für „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ und dazu noch im Wesentlichen unkontrolliert, was angesichts der möglichen hohen Gewinnspannen auch gerne ausgenutzt wird. Ich bin damit nicht allein, ich hatte oben dazu schon mal etwas aus der taz zitiert, die ich nicht für ein konservatives Medium halte: https://taz.de/Zweifel-an-Bioware/!5897155/Ich finde es bezeichnend, dass du die Diversität der Biosiegel als Scheinzertifikate bezeichnest. Falls du was anderes meintest, dann entschuldige bitte. Falls nicht: Was ein Quatsch.
Man muss den Konsumenten aufklären, man muss ihm die geschmacklichen Vorteile fühlbar machen und ihm nicht nur einen hohlen Aufkleber geben, dessen inhaltliche Bedeutung er chronisch überschätzt, weil ihm die Kriterien gar nicht klar sind und er dessen Vorteile gustatorisch gar nicht erfassen kann.
Das ist ganz einfach. USA, Australien etc. ist echte Freilandhaltung mit einer Maismast am Ende mit Rindersorten hoher Fleischqualität. Bio hierzulande ist 2 Quadratmeter mehr Platz pro Tier im Stall mit den gleichen effizient schnell wachsenden Tierrassen konventioneller deutscher Aufzucht und geschmacksarmem Resultat. Was ist scheinheiliger?Ich finde diese "ich kaufe nur hochwertige Sachen, Zertifikat brauche ich nicht" für komplett scheinheilig. Woher nimmst du denn die Tatsache, dass etwas hochwertig produziert wurde? Verfolgst du von Haltungsbedingung über nachhaltige Fütterung bis hin zur Schlachtung Dinge vor Ort? Ich erinnere mich, dass du gerne Rindfleisch aus den USA isst. Da ist doch keine vernünftige Transparenz darstellbar.
Das Problem ist, dass diese ganze Diskussion damit vergiftet ist, dass Leute sich über eigenes Verhalten moralisch definieren wollen, statt tatsächlich etwas zu bewirken. Deswegen sind die diesbezüglichen Entscheidungen ihrer Mitmenschen diesen Leuten auch eben nicht „hart egal“, weil der gefühlte eigene Unterschied zu den Mitmenschen wichtiger ist als eine tatsächlich wirksame übergreifende gesellschaftliche Verbesserung.
Das möchte gar nicht beurteilen, wie meine Mitmenschen das sehen, ich fange da einfach bei mir an. Ich will auch gar keine Absolution dafür, dass ich am Leben bin und damit durch meine bloße Anwesenheit, mein Bedürfnis nach Nahrung, Wärme und Mobilität die Umwelt belaste. Mir ist nur Wirksamkeit wichtiger als im Partygespräch ein guter Mensch zu sein.Vor Ort kann ich das in Teilen noch nachvollziehen, wenn der Hof vor ist. Führungen anbietet, Stallungen zeigt und evtl auch etwas über die Transporte zu den Schlachthöfen erzählt. Aber darum kümmern sich meiner Meinung nach die wenigstens, die gleichzeitig erzählen, dass sie hochwertig kaufen und damit die Absolution von Qualität und Tierwohl (Kulinarik ist die einzige Szene in der ich aktiv arbeite, daher meine Scheuklappen zu andere Themen) erreichen wollen.
Das heißt übrigens nicht, dass ich keine Bio-Produkte kaufe, ich kaufe im Gegenteil sehr viel davon, das mag Dir in Deinem heiligen Eifer entgangen sein. Gestehe mir nur zu, dass ich es lächerlich finde, dass bei meinen energieintensiven Ofenaufbackbrötchen für Homeoffice-Tage (an denen ich u.a. meinen CO2-Mobilitätsfußabdruck reduziere) ein Demeter-Siegel auf der Packung prangt. Aber sie schmecken schon halt ganz gut für das, was sie sind.
Ich bin für DRC zu arm , aber Bio bei Wein ist noch mal ein größerer Witz. Es gibt unzählige Betriebe in Südeuropa, die unzertifiziert biologisch arbeiten, z.B. der Le Vieux Donjon Ch9dP, den ich gerade im Glas habe. Da es durch das wärmere, trockenere Klima und die weniger dichte Bestockung weniger Krankheitsprobleme gibt, ist das auch viel einfacher, auf Pestizide und Fungizide zu verzichten, als im feuchten nördlichen Europa, es macht also überhaupt keine zusätzliche Mühe. Das Biosiegel kommt dann nur für den deutschen Absatzmarkt, kostet ja auch extra Geld. Und in den nördlichen Regionen spritzt man dann bei Bio einfach anders. Erlaube mir auch hier, dass ich das lächerlich finde, es ist ein Feigenblatt. Weinbau ist generell höchst umweltbelastend, insbesondere im kühleren Klima. Wenn man das doof findet, darf man keinen Wein trinken.Ähnliches bein Wein. Ich kann Weine der tollsten Domänen kaufen, die mich emotional berühren. Ist aber dennoch scheiße, wenn die Weinberge braun sind, weil keine Zwischenbegrünung mehr wächst. Auch hier helfen Zertifikate. Oder direkt der Kauf von DRC Weinen, da sind immerhin noch Pferde im umweltfreundlichen Einsatz.