Ein guter Punkt, aber eben auch je nach Branche und Position sehr verschieden.
Ich trage z.B. beruflich nicht immer Anzug und auch nicht immer langärmelige Oberbekleidung.
Das ist doch mal ein Ansporn für ein allumfassendes sartoriales Update und schon sieht keiner mehr Deine Rolex.
Es kommt immer auf die aktuelle Tätigkeit, Projekte und insbesondere Auftraggeber an.
Wenn man lange genug mit unterschiedlichen Menschen gearbeitet hat, finde ich, merkt man schon, dass manche doch mehr Details wahrnehmen und sich merken als man meinen würde.
Damit sprichst du am Rande schon ein Beispiel an, an dem man sieht, dass die Thematik nicht folgenlos ist.
Die Firmenwagenregelungen (die ich kennengelernt habe) scheinen nicht nur aus direkten finanziellen Gründen darauf ausgelegt, dass außer dem C-Level und der ein oder zwei Führungsebenen darunter kein Mitarbeiter ein allzu auffälliges, insbesondere nicht erkennbar leistungsstarkes Fahrzeug bekommt.
Hintergrund (wie mir bei Verhandlungen dazu auch schon mitgeteilt wurde) ist eben primär die Wirkung auf Kunden und ich ergänze mal: auf Ansprechpartner bei Kunden.
Deine Gehaltsklasse mag noch so hoch sein, ein offensichtlich sportliches Fahrzeug, ein SUV o.ä. wirst Du m.W. bei deutschen Konzernen schlicht nicht bekommen.
Oh, das ist bei uns sehr demokratisch gelöst, weil ein Firmenwagen gratis nur ab VP-Level aufwärts inklusive ist (was immer die Kollegen dann dort bekommen). Der Rest der AT kann sich einen Firmenwagen zu sehr günstigen Firmenraten leasen, die dann vom Bruttogehalt abgezogen werden. Es ist richtig, Sportwagen sind tabu, das hat aber eher steuerrechtliche Gründe. Aber ansonsten gibt es z.B. keine Modell-, Ausstattungs- oder Motorenbeschränkung nach oben. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Leasingrate.
Daneben bleibt es einem auch unbenommen, sich selber jedes Auto zu kaufen, das man mag, bei Neukauf bei deutschen Herstellern ebenfalls zu günstigen Firmeneinkaufskonditionen.
Sicher wird i.a.R. kein Auftrag (alleine) wegen dem falschen Auto, der falschen Uhr oder den falschen Schuhen (hier vielleicht schon eher) verloren gehen. Wie hier aber schon erwähnt wurde, lassen manche Bereiche mehr Spielraum zu und andere nahezu keinen.
Bzgl. mancher Details habe ich mir in Unwissenheit auch schon den ein oder anderen faux-pas geleistet (milde Konsequenzen erfahren) und bin jetzt etwas sensibler.
Ich finde da muss man trennen können und es auch ertragen können, dass manche Menschen extreme Ansichten haben, unabhängig davon wie sehr man sie selber ablehnt.
Es kann aber auch durchaus sein, dass jemand gerade am Anfang der Karriere von einem Vorgesetzen aus verwerflichen Gründen blockiert wird.
Vielleicht befinde ich mich ja in meinem multinationalen DAX-Konzern tatsächlich auf einer Insel der Seligen, aber mein Eindruck ist, dass wenn das bei Dir wirklich alles so ist, wie Du es oben anekdotisch beschreibst, Du Dich in einer toxischen Arbeitsumgebung befindest, aus der Du, wenn Du noch nicht schon in jungem Alter sechsstellig verdienst (das läuft dann unter Schmerzensgeld
), schleunigst verabschieden solltest. Bei uns wird offener Extremismus nicht toleriert, null. Tyrannische Führungskräfte haben einen schweren Stand, da sie sich auch anonymen Mitarbeiterfeedbackrunden stellen müssen, die für sie bonusrelevant sind. Wir arbeiten in einer internationalen, sehr diversen Mitarbeiterzusammenstellung, anders als mit einer weltoffenen Firmenkultur wäre Zusammenarbeit gar nicht möglich.
Natürlich arbeiten auch wir nicht in einer konfliktfreien Umgebung, aber das beschränkt sich ausschließlich auf den beruflichen Kontext - Erhalt von Macht- und Einflusssphären, Kampf um den eigenen Job in Zeiten von regelmäßigen "Restrukturierungen" etc. - und hat überhaupt nichts damit zu tun, wer nun teure Anzüge, Schuhe, Autos oder Uhren trägt. Es gibt da keine "Faux-Pas", die man mit Lifestyle-Äußerlichkeiten begehen könnte. Wer die tragen möchte, trägt sie und wer sein Geld anderweitig ausgibt, eben nicht. Die Gehaltsregionen, in denen man sich befindet, sind allen Peer Groups unter sich ungefähr bekannt. Und es ist eben ein großes Unternehmen, in dem praktisch jeder Chef noch einen weiteren Chef hat, der einen auch kennt und mit dem man regelmäßigen Umgang hat, was als Eskalationspfad im Fall der Fälle ungemein hilft. Das alles hilft zweifellos, zwischenmenschliche Merkwürdigkeiten zu unterdrücken.
Wahrscheinlich bekommt man mit dem Alter, den Erfahrungen und der zunehmenden Größe des beruflichen Netzwerks mehr innere Gelassenheit. Ich kann nur für alle möglichen Dinge im Berufsleben, die Uhren und das Tragen sartorialer Kleidung unbedingt einschließen, sagen, dass dauerndes, angespanntes Defensivdenken, "jetzt bloß keinen Fehler machen!", und auch äußerlich stromlinienförmige Anpassung einen weder glücklich macht noch beruflich weiterbringt. Wenn man über die Länge eines Arbeitslebens am Arbeitsplatz nicht man selbst sein kann, bleibt das nicht ohne Folgen, psychisch und physisch. Und es gibt viele Unternehmen, wo man arbeiten kann.