davon ausgehend, dass alle Gläser leer die gleiche "Zimmertemperatur" aufweisen werden, ist an sich schon möglich, dass das dünnere Glas die Ausschanktemperatur des Weins besser leitet ... meine letzte Physikstunde war allerdings vor fast 30 Jahren ....
Gleiches Material weisst identische Materialeigenschaften auf, auch bzgl. thermischem Widerstand, thermischer Leitfähigkeit, der einzige Unterscheid liegt in der thermischen Kapazität, denn diese ist bei gleichem Material von der Masse abhängig.
Betrachtet man die Masseverhältnisse, welche beim Degustieren eines Weines aus zwei massemässig verschiedenen Gläsern (+-10...30g) aufeinandertreffen, ist das in etwa so wie wenn man von einem 25t Lastwagen überrollt wird und sich nach dessen Geschwindigkeitsreduktion fragt. Vernachlässigbar klein. Die Temperatursensorik am menschlichen Oralorgan ist zwar gegeben, aber dessen Auflöseverhalten ist in etwa so gut wie die visuelle Geschwindigkeitsmessung mittels Auge auf 1km/h Genauigkeit.
Das Glas hat schon RT (Raumtemperatur) bzw. irgendwann Temperatur des Weins (abhängig von der dicke), aber Menschen empfinden ja gleiche Temperaturen als unterschiedlich (materialabhängig z.B. Plastik vs Glas). Und da sich die Temperatur auf den Geschmack vom Wein auswirken kann, könnte die absolute Glasoberfläche in Kontakt mit der Lippe (dicker vs dünner Rand) auch den Geschmack mit beeinflussen.
Führt aber alles zu weit...
Jetzt wird es konjugiert komplex esoterisch.
Zwei Körper, oder wie in deinem Beispiel ein Raum und ein Glas, werden niemals die gleiche Temperatur haben können. Körper nähern sich in der Temperatur lediglich an, durch unterschiedliche Arten des Wärmetransportes und der Wärmeleitung.
Der Mensch empfindet die gleiche Temperatur von festen oder flüssigen Materialien nicht als unterschiedlich. Temperatur ist Temperatur, wenn diese gleich ist ist diese gleich, 19°C = 19°C. Der Mensch verändert die Temperatur (Oberflächentemperatur) von festen und flüssigen Stoffen durch sein Berühren. Da unterschiedliche Materialien unterschiedliche thermische Eigenschaften wie Leitfähigkeit, Widerstand oder Kapazität haben, verändert man deren Temperatur durch Berührung in unterschiedlichem Mass.
Zum Zeitpunkt der Berührung erwärmt man zwei materialtechisch verschiedene Körper unterschiedlich, d.h. ein Stahlkörper hat zum gleichen Zeitpunkt nach Berührung, gegenüber einem Holzkörper eine markant unterschiedliche oberflächliche Berührungstemperatur.
Die Wahrnehmungsdifferenzen liegen nicht der Umwelt begründet, sie liegen zu meist in der erlebten Täuschung der menschlichen Sinnesorgane durch die Interaktion mit seiner Umwelt. Darin besteht eine der grossen Herausforderungen bei "Blind"Tests mit Menschen.
Ich persönlich halte wenig bis nichts von derartigen hobbymässigen Blindtests in heimischer Umgebung, zumal wenn die Verkostungen sinnestrübender Substanzen als Thema vorgegeben ist, welche die Teilnehmer dann irgendwie objektiv beurteilen wollen. Und das sage ich nicht weil es keinen Spass macht - das macht es Zweifelsohne - sondern weil ich mir diverse Zeit als Gutachter von Testumgebungen um die Ohren geschlagen habe, mit teils sehr fragwürdigen Ergebnissen der Probanden unter immer identischen Randbedingungen. Es gibt ja immer wieder Menschen die behaupten sie würden diese oder jenes ausserhalb des uns bekannten Spektrums menschlicher Sinneswahrnehmung spüren, nur der Beweis ist schwer zu führen.
Aussagen wie: "Das haben wir in mehreren Abenden unter Blindverkostungsbedingungen herausgefunden." kann man ohne eine sehr umfangreiche und aufwändige wiss. Betreuung ganz getrost umformulieren: "Ich finde aus diesem Glas schmeckt es mir besser."
Zu mehr ist der menschliche Körper, mit seinen sehr rudimentär ausgeprägten Sinnesorganen für Geschmack/Geruch und Temperatur nicht in der Lage.