bluesman528
Ruhrpotthanseat
Vielleicht sollten wir erst mal etwas Begriffsklärung betreiben. Networking bedeutet für mich nicht, dass man Leute kennt, die Leute kennen, um für sich Seilschaften zu konstruieren, die einen dann an einer Leistungsgesellschaft vorbei in höhere Positionen hieven. Das ist eine Form von Vetternwirtschaft und definitiv nicht meritokratisch, sondern eher mafiös.Aus meiner Sicht trifft gerade das Gegenteil zu:
Kommunikation außerhalb der Dokumentation ist per se ineffizient, weil es egoistisch ist und andere vom Informationsfluß abschneidet. Es nutzt dem einzelnen, aber schadet anderen und damit letztlich auch der Gesamtorganisation. Außerdem stört es den Betriebsfrieden.
Networking in der von mir beschriebenen Form ist weder produktive Leistung (des Mitarbeiters) noch Leistungsmeßinstrument (des Vorgesetzten).
Networking bedeutet für mich, dass man in starre vertikale Hierarchien (eine sehr deutsche Erfindung) einer großen Organisation horizontale Kontaktlinien unter Fachexperten gleicher oder unterschiedlicher Expertise einzieht, um status-quo-erhaltendes Silodenken zu verhindern und agiles, abteilungsübergreifendes Handeln von unten nach oben zu ermöglichen. Das stört manchmal den Betriebsfrieden, weil sich manche in ihrem sicheren Positionskokon bedroht fühlen können, das stimmt. Aber es ist wertschöpfend und bürokratieverhindernd ("der kleine Dienstweg" ) und das ist für das ganze Unternehmen viel wichtiger, um überhaupt Dinge schnell genug gelöst zu bekommen. Je größer eine Organisation wird, desto träger wird sie auch für agile Bewegungsfähigkeit.
Schon seit einigen Jahren wird in der Organisationssoziologie die zumindest teilweise Abschaffung starrer vertikaler Hierarchien zugunsten kleinteiliger, hochvernetzter Selbstorganisation diskutiert, um genau diesen Effekt zu fördern und Organisationen zu agilisieren. Man hat dann statt einer Position als Teil von wechselnden Gruppenzusammensetzungen abhängig von seinen Skills eine Aufgabe als Fachexperte. Das erfordert natürlich ein Neudenken von Führung und Personalmanagement im Allgemeinen, vgl. z.B. Frédéric Laloux - Reinventing Organizations. In solchen Organisationsformen mit sehr flachen Hierarchien ist Networking in Eigeninitiative die vorwiegende Form des Mitarbeiterhandelns.
Ich denke, dass das auf lange Sicht die Zukunft von großen bis mittelgroßen Unternehmen sein wird. Die, die bei der traditionellen Silo-Bürokratie bleiben wollen, werden Dinosaurier werden, weil ihre Geschwindigkeit der inneren Anpassung an neue Gegebenheiten geringer ist. Zudem wird die Mitarbeiterzufriedenheit in solchen neuen Konzepten steigen, weil historisch gewachsene Bürokratieprozesse wegfallen, die nur da sind, um bestimmte Strukturen und Machtverhältnisse zu erhalten, aber ansonsten keine echte Wertschöpfung enthalten.
So ist es. Ich muss aber auch ehrlich sagen, dass Fan von etwas zu werden, nur weil es zufällig ortsbezogen nahe dran ist, auch etwas langweilig-träge klingt. Alternativlos sozusagen. Aber wenn's in die Richtung gegangen wäre, hätte ich mich auch nicht dagegen wehren können. Meine Frau ist Schalkerin. Kann passieren.Würdest Du zu Wattenscheid 09 oder zur SpVgg. Erkenschwick gehen, hätte mich das ehrlicherweise mehr beeindruckt. Wäre irgendwie authentischer für jemanden, der aus der Gegend kommt.
Aber so ist das halt mit der Religion - kann man sich nicht aussuchen.